Süße Weiber in der Pfalz

Jahresausflug 2015 des LandFrauenvereins Bammental

 

"Sicher hoscht du recht, wonn du sagscht, dass ders onnerschtwu a gfallt; awwer onnerschtwu is onnerscht, und halt net wie in de Palz"

Anonyme Giddarischde

 

Frei nach diesem Motto ging unser Jahresausflug diesmal in die schöne Pfalz. 20 aller bestens gelaunte Frauen des LandFrauenvereins Bammental machten sich also nicht zu früh morgens bei strahlendem Sonnenschein am 09.04.15 auf den Weg mit dem Bus ins "ferne Ausland". Der Kurpfälzer an sich und die kleine Odenwälderin insbesondere begibt sich gerne in Gebiete in denen sie sich gut verständigen kann.

"Die schwetze wenigschdens wie mir, die koann ma a gud verstehe" war somit einer der ersten Aussprüche als Frau in Deidesheim ankam.

Deidesheim01

Deidesheim, an der Weinstraße in Rheinland-Pfalz gelegen und gerade mal eine gute Stunde Fahrt von Bammental entfernt. Vorbei an Mannheim und Ludwigshafen hinein mitten in Weinberge und Mandelbäume, die uns auch noch in ihrer Blütenpracht empfangen haben. Trotz des ungewöhnlich trockenen und warmen Frühjahrs machten uns die Bäume die Freude noch nicht verblüht zu sein.

Im Landkreis Bad Dürkheim, im Nord-Westen der Region Rhein-Neckar liegt die 3700 Seelen Gemeinde. Bekannt wurde Deidesheim durch den Deidesheimer Hof, ein Hotel und Gourmet Restaurant, in dem in den 1980 und 90igern gerne politische Prominenz zu Gast war. Alt Bundeskanzler Kohl führte jeden Staatsgast zum traditionellen Saumagen essen hier her. Somit kamen nicht nur Michail Gorbatschow und Boris Jelzin in den Genuss, nein auch Maggie Thatcher und das spanische Königspaar Juan Carlos und Sophia. 

Wir genossen etwas ganz Anderes. Eine Speise gab der Geldbeutel nicht her, aber das 5 Sterne "stille Örtchen" durfte besucht werden!

Der kleine Laden "Confiserie Shop & Weinhaus Biffar" direkt neben dem Deidesheimer Hof war unser erster Stopp. Nach einem interessanten Film über die Herstellung kandierter Früchte durften wir uns durch das Angebot probieren. Zitrone, Orange, Ingwer, Feige, grüne Walnüsse, als besondere Köstlichkeit grüne Mandeln und vieles mehr. Auch Liköre konnten gekostet werden und so wanderte die eine oder andere Süßigkeit über den Ladentisch. Leicht angeheitert fand in der warmen Sonne ein kleines Frühstück statt. Direkt an der Pfarrkirche St.Ulrich am Marktplatz gab es leckere Brezeln und kühlen Sekt. 

 

Natürlich wollte man auch mehr über Deidesheim erfahren. Ein Stadtführer der Touristeninformation führte uns mit viel Humor und Wissen durch die Stadt und Geschichte des Ortes und der Pfalz.

Deidesheim wurde erstmals 699 urkundlich erwähnt, wobei der heutige Ort wohl erst im 13. Jahrhundert um das Bischöfliche Schloss entstand. Schon seit dem Jahre 770 wird hier Weinbau betrieben. Heute ist Deidesheim eine der größten Weinbaugemeinden der Pfalz. Deidesheim erlebte leidvolle Zeiten wie die ganze Region Pfalz. Der deutsche Bauernkrieg, der 30jährige Krieg und nicht zuletzt der Pfälzische Erbfolgekrieg gingen nicht spurlos an der Stadt vorüber. Auch hier schrumpfte die Bevölkerung gewaltig. Nach den Wirren der Französischen Revolution und des ersten Koalitionskrieges wurde Deidesheim französisch. Nach dem Zusammenbruch des Napoleonischen Kaiserreiches geriet Deidesheim unter österreichisch-bayrische Herrschaft.

Der Wiener Kongress ordnete Europa neu und Deidesheim wurde mit der sogenannten "Rheinpfalz" dem Königreich Bayern zu geschlagen. Mit dem Hambacher Fest, auf dem ganz in der Nähe liegenden Hambacher Schloss, begann auch hier die "deutsche Revolution".

Im 19 Jahrhundert machte die Reblaus und der Saugwurm den Winzern mächtig zu schaffen.

Viele Deidesheimer wanderten nach Nordamerika aus und die Bevölkerungszahlen waren wieder rückläufig.

Deidesheim02Nach dem 1.Weltkrig wurde Deidesheim wieder französisch besetzt und erst 1930 von den französischen Truppen geräumt, was intensiv gefeiert wurde.

Die ehemals fast hundert Köpfige jüdische Gemeinde schrumpfte bis 1933 auf drei Familien und 11 Personen. Nur eine Person überlebte den Holocaust. Auf dem ehemaligen jüdischen Friedhof, der heute unter Denkmalschutz steht, konnten nach dem 2. Weltkrieg noch 95 Grabsteine aus dem 18 bis 20. Jahrhundert restauriert werden. Die Synagoge, die 1935 schon von der jüdischen Gemeinde verkauft wurde entging der Zerstörung, weil ein Automechaniker mittlerweile eine Werkstatt dort eingerichtet hatte. Nach einer gründlichen Renovierung dient das Gebäude heut als Veranstaltungsstätte.

Während des 2. Weltkrieges blieb Deidesheim weitgehend von Schäden verschont. Im März 1945 wurde Deidesheim amerikanisch besetzt.

Mit der Bildung des Landes "Rheinland-Pfalz" 1946 gehörte Deidesheim nicht mehr zu Bayern! Unser Stadtführer betonte ausdrücklich, dass nach dem die Deidesheimer französisch, österreichisch, amerikanisch und aber auch leider bayrisch waren, seien sie doch immer nur eins geblieben, nämlich Pfälzer und das mit Leib und Seele!

Heute ist Deidesheim eine durch Weinbau und Tourismus geprägte kleine Stadt. Viele Gebäude aus den letzten Jahrhunderten sind aufwendig renoviert worden und bestimmen das Stadtbild. Die gesamte mittelalterliche Altstadt steht unter Denkmalschutz. Die um den Marktplatz gelegenen alten Gaststätten und das Rathaus mit der zweiläufigen Freitreppe gehören zu diesem Ensemble, wie auch der barocke Deidesheimer Hof.

Deidesheim04Die aus Savoyen 1708 eingewanderte Familie Jordan gründete ein Weingut. Nach dem Tode von Andreas Jordan kam es 1848 zur Jordanischen Teilung und es entstanden die Weingüter Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan, Reichsrat von Buhl und von Winning die heute alle zur Unternehmensgruppe Niederberger gehören und somit wieder vereint sind.

Deidesheim leistet sich einen Turmschreiber, der von der "Stiftung zur Förderung der Literatur in der Pfalz" eingeladen wir "Pfalz spezifisch" zu publizieren. Symbolisch residiert dieser Turmschreiber in einem Türmchen des Deidesheimer Schlosses. Das Stipendium ist mit 7.500 Euro dotiert. Außerdem gibt es einen freien Aufenthalt in Deidesheim für vier Wochen und drei Flaschen "Deputat Wein" pro Tag. Außerdem wird jeder Turmschreiber automatisch Rebstock Pächter im "Promi-Weinberg" Deidesheimer Paradiesgarten.

Interessant ist auch das 1494 von Ritter Nikolaus von Böhl gestiftete Spital (wird heute als Kurzzeitpflegeeinrichtung genutzt). Im Innenhof des Spitals steht eine Magnolie und ein Gedenkstein für Hannelore Kohl, die immer mit Deidesheim verbunden war.

Durch die engen Gassen erreicht man wieder den Marktplatz. Das historische Rathaus (1532) entstand wohl erst als Markthalle. Das 2. Stockwerk und die Doppelfreitreppe entstand im 18.Jahrhundert beim Wiederaufbau nach einem Brand. Der Ratssaal wurde Anfang des 20.Jahrhunderts sehr pompös im Renaissancestil neu eingerichtet. Auch die markanten Buntglasfenster entstanden in diesem Zeitraum.

Jedes Jahr am Pfingstdienstag findet eine Geißbockversteigerung mit großem traditionellem Stadtfest statt. Der Geißbock wird aus dem Ort Lambrecht, als Tribut für die überlassenen Weiderechte, von dem jüngsten lambrechter Brautpaar nach Deidesheim getrieben. Pünktlich um 17.45Uhr beginnt auf der Rathaustreppe die Versteigerung und Schlag 18Uhr endet sie. Auch "Hennes", das Maskottchen des 1.FC Köln, soll hier schon ersteigert worden sein.

Unsere Führung endete in der spätgotischen Pfarrkirche St.Ulrich aus dem 15. Jahrhundert. Der 62,7m hohe Kirchturm wird von einer achteckigen, mit Schiefer bedeckten Turmspitze gekrönt. Sie ist etwa 25 cm nach Westen geneigt, so dass der Turm schief aussieht.

Deidesheim03Der Weihnachtsmarkt hier in den Gassen wurde uns noch wärmstens ans Herz gelegt. Der sei so schön und noch wirklich altertümlich mit vielen regionalen und originalen Ständen. Kurzer Hand haben wir beschlossen: "Dieser Weihnachtsmarkt muss besucht werden! Dieses Jahr!"

Unser Stadtführer bedankte sich am Ende der Führung noch mal recht herzlich. So viele Frauen auf einmal seien ihm noch nie so aufmerksam gefolgt! Und wir dürften jeder Zeit wiederkommen!

 

Nach so viel Kultur bestiegen wir den Bus nach Neustadt.

Mit einem Stadtplan bewaffnet war es nun jedem selbst überlassen sich mit den kulinarischen Köstlichkeiten der Pfalz auseinander zu setzen oder noch ein bisschen mehr Kultur zu genießen. Nicht zu vergessen wäre, dass Neustadt eine 1a Einkaufsstadt ist. Also das Bummeln durch die Gassen mit vielen kleinen Lädchen kam auch nicht zu kurz.

 

Deidesheim07Am Bahnhof startete unser Weg durch die Stadt.

Der Saalbau, gegenüber dem Bahnhof, Krönungsstätte der Deutschen Weinkönigin, lädt ein mehr von der Stadt kennen zu lernen. Auf der Friedrichstrasse, Kellereistrasse und der Hauptstraße findet man alles was das Herz begehrt. Man sollte aber auch Augen für Fachwerk, Erker und historische Fassaden haben.

Gleich um die Ecke fasziniert, nicht nur kleine Besucher, der Elwetritsche-Brunnen. Wer dieses scheue, heimische, wandlungsfähige, Pfälzer Tier-Wesen noch nie in freier Wildbahn gesehen hat, hat hier nun die Chance alle möglichen Arten und Unterarten in einem Brunnen zusammengefasst zu sehen. Wunderbare Details lassen sich erkennen und entdecken. Nur schwer kann man sich los reisen. 

Über die Hintergasse und Mittelgasse gelangt man zum Kartoffelmarkt und Paradiesbrunnen, der an die Vertreibung aus dem Paradies erinnern soll. 

Direkt am Marktplatz ist die Stiftskirche. Die Besonderheit der Kirche? Je nachdem durch welche Tür man das Gotteshaus betritt, befindet man sich in einer evangelischen oder katholischen Kirche. 1707 trennte man den Chor vom Langhaus. Das Langhaus wurde evangelisch der Chor katholisch. Seit 500 Jahren ist die Kirche mit den beiden so unterschiedlichen Türmen schon Wahrzeichen der Stadt.

Etwas weiter weg vom Marktplatztreiben am Juliusplatz liegt die neugotische Kirche St. Marien. In dem kleinen Park um die Kirche lässt es sich auf den Bänken gut ausruhen und vielleicht auch ein Nickerchen halten.

Deidesheim05Die Marienkirche wurde 1860 bis 1862 mit Spenden von König Ludwig I. von Bayern errichtet.

Besonders sind die 1974 neu gestalteten Fenster im Langhaus, die überwiegend Szenen aus dem Leben Marias zeigen.

In der Kunigundenstrasse kann man die Skulptur der Retterin Neustadts im pfälzischen Erbfolgekrieges bewundern. Die Liebe der Kunigunde zu einem französischen General bewahrte die Stadt vor der Zerstörung.

Nun haben wir uns aber auch einen Kaffee und leckeren Rhabarberkuchen verdient. In der Metzgergasse in den traditionellen Cafés kann man sich das genehmigen. 

Trotzdem fällt auch in Neustadt auf, dass viele Einzelhandelsgeschäfte leer stehen und auch der Tourismus das nicht stoppen kann.

 

Deidesheim06Zurück am Bahnhof wurde begutachtet was die eine oder andere alles erstanden hatte.

Über Bad Dürkheim vorbei am Dürkheimer Fass und der Saline, durch Weinberge und in den Sonnenuntergang hinein ging es zurück Richtung Heimat. In Römerberg Mechtersheim im Gasthaus Pfälzer Hof gab es dann noch ein leckeres Abendessen und das gesehene und erlebte konnte noch mal ausgiebig besprochen werden.

Dunkel war es schon als der Bus uns wieder in Bammental absetzte. Ein wunderbarer, entspannter Tag ging zu Ende.

 

Und zu guter Letzt: 

"Fröhlich Palz, Gott erhalts! In de Palz do ischs scheener als im Himmel!"

"Awwer am scheenschde ischs hald doch dahoam"

 

Christiane Brenner